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Drogenkonsum: Sucht als chronische Erkrankung

Interdisziplinäres Symposium zur Suchterkrankung in Grundlsee

Bis zu 37.000 Österreicher haben einen „problematischen Konsum“ illegaler Drogen – dazu zählt auch die Beteiligung von Opiaten. Konsumerfahrungen mit illegalen Drogen finden sich in Österreich am häufigsten bei Cannabis. Etwa 30 bis 40 Prozent der jungen Erwachsenen haben bereits Erfahrungen mit dem Konsum von Cannabis gemacht. Rund 2 bis 4 Prozent der Österreicher haben zumindest einmal in ihrem Leben Ecstasy, Kokain und Amphetamine konsumiert und rund 1 bis 2 Prozent Opiate. Etwa fünf Prozent der Österreicher sind derzeit alkoholkrank. Beim Interdisziplinären Symposium zur Suchterkrankung Mitte Februar in Grundlsee wurde die Behandlung von Suchterkranken aus medizinischer, psychologischer und rechtlicher Sicht diskutiert.

(Grundlsee, am 27. Februar 2012) – „Interdisziplinäres Symposium zur Suchterkrankung: Medizinische, psychologische, psychosoziale und juristische Aspekte“ – unter diesem Motto trafen am 17. und 18. Februar 2012 in der Suchttherapie medizinische Experten aus ganz Österreich in Grundlsee, Steiermark zusammen. Auf der Tagesordnung der Konferenz stand eine große Auswahl von Themen – von psychiatrischen und somatischen Begleiterkrankungen von Suchtkranken und deren Therapie über strafrechtlichen Aspekten und Risiken für Ärzte, die opioidabhängige PatientInnen betreuen, bis hin zu Aufgaben der Klinischen Psychologie und Sozialarbeit in der Suchtdiagnostik und –therapie.

Gegen eine Ausgrenzung von Menschen mit Suchtverhalten sprachen sich die Teilnehmer an der Podiumsdiskussion zum Thema „Sucht als chronische Erkrankung – Akzeptanz, Herausforderungen und aktuelle Entwicklungen im Bereich der Opioid-Erhaltungstherapie“, die im Rahmen des Symposiums stattfand, aus. Am Podium diskutierten Univ.-Prof. Gabriele Fischer, Leiterin der Drogenambulanz, Suchtforschung und -therapie der Medizinischen Universität Wien, Univ.-Prof. Anton Luger, Leiter der Klinischen Abteilung für Endokrinologie & Stoffwechsel der Universitätsklinik für Innere Medizin III an der Medizinischen Universität Wien, Mag. Ulla Konrad, Präsidentin des Berufsverbands österreichischer PsychologInnen und Univ.-Prof. Alois Birklbauer, Stellvertretender Vorstand des Instituts für Strafrechtswissenschaften an der Johannes-Kepler-Universität Linz.

Entstigmatisierung und Verhaltensänderung bei Sucht

Unter dem Motto „Sucht als chronische Erkrankung“ stellte Univ.-Prof. Fischer die Problematik der Suchterkrankung dar: „Sucht ist eine schwerwiegende psychiatrische Erkrankung, der Zugang zur Behandlung muss in Österreich zweifellos verbessert werden. Diese Krankheit muss, wie alle anderen Krankheiten auch, optimal behandelt werden – Vorurteile gegen Suchtkranke sind fehl am Platz, denn Suchterkrankungen sind weder ein Zeichen von Schwäche noch ein Charakterfehler“, betonte Univ.-Prof. Fischer eingangs. Sie erläuterte, dass das Thema Suchtbehandlung und Opioid-erhaltungstherapie nach wie vor mit vielen falschen Vorurteilen behaftet sei. Neben der Behandlung mit Medikamenten sei es notwendig, auf der Verhaltensebene anzusetzen und Schulungen anzubieten, um Patienten in Richtung einer Verhaltensmodifikation zu bringen.

„Suchtbehandlungen sollten in das allgemeine Gesundheitssystem integriert werden um neben einem verbesserten Behandlungszugang eine Entstigmatisierung zu erreichen. Die Zahl der Opioid-Abhängigen, die sich in Österreich in einer ärztlich kontrollierten Opioderhaltungstherapie befinden, ist in den letzen zehn Jahren, zwischen 1999 und 2009, deutlich gestiegen – von etwa 4500 auf rund 13.500. Etwa 30 Prozent der opioidabhängigen Personen unterziehen sich einer Erhaltungstherapie. Trotzdem haben wir also noch Nachholbedarf bei der Zahl von behandelten Patienten – unser Ziel muss es sein, möglichst viele Opioid-Abhängige zu erreichen “, so Univ.-Prof. Fischer.

Univ.-Prof. Luger erläuterte, dass neben den Medikamenten in der Diabetes-Therapie auch durch die Einflussnahme auf das Verhalten die Häufigkeit von Spätkomplikationen wie Erblindung, Herzinfarkt, Schlaganfall, Nierenversagen, Amputationen deutlich gesenkt wird. „Auch wenn Diabetikern nicht immer ausreichend Verständnis entgegengebracht wird, steht es außer Frage, dass Typ-2-Diabetiker einen leichteren Stand als Menschen mit Suchterkrankungen haben. Auch, was den Zugang zu Behandlungsmöglichkeiten betrifft“, so Univ.-Prof. Luger.

Öffentlichkeit: Abwertung psychischer Erkrankungen

Mag. Ulla Konrad stellte ihre Erfahrungen aus Sicht der Psychologen dar, die gerade im Suchtbereich zu einer Verbesserung der Situation von Suchtkranken viel beitragen können. „Gerade im Hinblick auf Verhaltensänderungen von Patienten können Psychologen viel beitragen. Im Suchtbereich hat unsere Berufsgruppe zwei sehr wichtige Aufgabenbereiche, die noch ausbaufähig sind: Etwa die klinisch-psychologische Diagnostik, die gerade bei Suchterkrankungen sehr bedeutend ist, um auch psychische Begleiterkrankungen feststellen und die Therapie gezielt planen zu können“, so Mag. Konrad. Grundsätzlich fehle es laut der Expertin noch an Informationen, was klinisch-psychologische Diagnostik tatsächlich leistet. „Der zweite Teil ist die klinisch-psychologische Behandlung mit gezielten Methoden. Hier haben wir derzeit eine Lücke in der Versorgung im niedergelassenen Bereich außerhalb der Spitäler. Zudem besteht im Bereich der Entstigmatisierung und Gleichstellung der psychischen Erkrankungen wie Suchterkrankungen mit den somatischen Erkrankungen noch sehr großer Nachholbedarf. Gerade die Abwertung psychischer Erkrankungen bekommen wir bei der breiten Öffentlichkeit schwer aus den Köpfen“, stellte Mag. Konrad fest.

Rechtlicher Aspekt:

Univ.-Prof. Alois Birklbauer erläuterte in seinem Statement die Rolle des Strafrechts und merkte an, dass dieses in einer demokratischen Gesellschaft immer nur das letzte Mittel sein darf. „Der Staat straft, um einen Wert zu schützen, den er anders nicht schützen kann – im Suchtmittelstrafrecht ist es die Gesundheit der Bevölkerung. Jeder darf sich noch so unvernünftig ernähren, er darf zum Typ-2-Diabetiker werden – und wird dafür nicht bestraft. Nur beim Umgang mit Suchtmitteln ist der Gesetzgeber besonders streng. Obwohl der Konsum von Suchtgift in Österreich nicht strafbar ist, ist aber der Besitz von Suchtgift sehr wohl strafbar. Es wäre vernünftig, beim Suchtmittelgesetz die Spreu vom Weizen zu trennen: Die Gefährdung anderer Menschen soll strafbar sein, aber nicht die kleinen Angelegenheiten“, so Univ.-Prof. Birklbauer abschließend.

Rückfragehinweis:
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Tel.: 01/402 13 41-37 E-Mail: pr@welldone.at
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Das nächste interdisziplinäre Symposium zur Suchterkrankung findet am 08. und 09.03.2013 statt.

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Die Vortragenden des Symposiums.
(c) Ralf Tornow, Digi-Arts

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